Der letzte Brief von Paula Bernhard, 1941

Datum Entstehung
8.11.1941
Herkunft
Privatarchiv Karla Yaron


Beschreibung

Paula Bernhard, Mutter der Jawne-Schülerin Karla Bernhard-Rath (später Karla Yaron), verfasste diesen Brief am 8. November 1941 in Düsseldorf (zwei Tage vor ihrer Deportation).

Paula Bernhard rechnete offenbar damit Deutschland verlassen zu können, erhielt nun aber die Nachricht sich zur Deportation "nach dem Osten" einfinden zu müssen.

Dass sie ahnt ihre Kinder, Verwandten und Freunde nicht mehr wiederzusehen, geht aus den Zeilen sehr deutlich hervor (siehe Transkript unter dem Dokument).

Der letzte Brief ihrer Mutter war für Karla ihr Leben lang ein Dokument von großer Bedeutung.

Anmerkungen

Paula Bernhard (geb. Coppel) wurde am 20. Oktober 1891 in Moers geboren, wohnte später in Düsseldorf und wurde am 10. November 1941 von dort in das Ghetto Minsk deportiert. Der Brief vom 8. November 1941 ist ihr letztes Lebenszeichen, das genaue Datum ihres Todes bzw. ihrer Ermordung ist nicht bekannt.

Ihre Tochter, Karla Yaron (gestorben am 11. Februar 2017 in Jerusalem), konnte 1939 mit einem Kindertransport aus Nazi-Deutschland entkommen und gelangte erst nach dem Krieg in den Besitz des Briefes ihrer Mutter, der an verschiedene Verwandte, Freunde und ihre beiden Töchter gerichtet ist. 

Mehr Information

Über die Deportation von fast 1.000 jüdischen Menschen von Düsseldorf nach Minsk am 10. November 1941 informiert auch das Online-Projekt Statistik des Holocaust. Die Deportationslisten der Gestapo, auf denen sich auch der Name von Paula Bernhard-Rath (dort Paula Bernhard) befindet, sind dort ebenfalls abgebildet und einsehbar. 

VIDEO-INTERVIEW

Die ehemalige Jawne-Schülerin Karla Yaron berichtet über ihre Mutter und ihre Familie auch in einem lebensgeschichtlichen Video-Interview, dass sich unter www.leftovers.de anschauen lässt.

Links

Bild

Transkript

(Hinweis zur Abschrift: Zugunsten der besseren Lesbarkeit wurden abgekürzte Worte hier voll ausgeschrieben. Weitere Änderungen, z.B. in der Zeichensetzung, Rechtschreibung, Groß- bzw. Kleinschreibung, etc. wurden nicht vorgenommen.)

Düsseldorf, den 8. November 1941

Meine innigst geliebten Alle!

Liebe Luise und Julius, liebe Lissy und Fritz und meine geliebten Beiden!
Nun ist es doch so ganz anders gekommen als wir es erwünscht und erhofft hatten. Bis in die letzten Tage hinein hatte ich gehofft die Reise zu Euch antreten zu können, ich war mit allem fertig und hatte auch die Zusage für Passage.
Und nun ist plötzlich alles aus und ich muss die Reise gen Osten antreten. Wenn ihr diese Zeilen erhaltet, werde ich längst am Ziel sein. Wie es werden wird kann ich mir nicht vorstellen, aber um meiner geliebten Kinder Willen will ich mir Mühe geben, aufrecht und stark zu bleiben um auch dieses Schicksal auf mich zu nehmen zu all‘ dem anderen, das ich ertragen musste, in der Hoffnung das der liebe G’tt mir doch noch mal ein Wiedersehen mit den geliebten Kindern und Euch zuteil lassen wird.
Sagt den geliebten Beiden, dass ich sie keine Minute vergessen werde und so werden wir in Gedanken beisammen sein. Euch, meine Lieben Alle, bitte ich, Euch der geliebten Kinder anzunehmen, verlasst sie nicht!
Bitte steht ihnen bei mit Rat und Tat, ich glaube sie werden Euch keinen Kummer machen. Sobald es möglich ist, gebe ich Euch Nachricht von mir.
Allen Verwandten und Freunden, besonders Franks meine innigsten Grüße. Ebenso Therese, Adele, Aenne.
Lebt wohl meine Lieben Alle, meine geliebten Beiden umarme ich in unsterblicher Liebe, auch Euch Allen meine innigsten Abschiedsgrüße und Küsse.
Habt innigsten Dank für alles, was ihr für mich getan habt und für die lieben Kinder tun werdet. Möge der liebe G’tt sie beschützen!

In inniger Liebe – Eure Paula