Selma Dünner, Ausnahmebescheinigung, Amsterdam, 1943

Datum Entstehung
06.07.1943
Herkunft
Privatarchiv Margot Plesser


Beschreibung

Formular der Zentralstelle für jüdische Auswanderung Amsterdam, ausgestellt am 06. Juli 1943.

Es handelt sich um eine sogenannte „Ausnahmebescheinigung“ für Selma Dünner-Levy, Mutter der Jawne-Schülerin Margot Dünner und Ehefrau von Rabbiner Lasar Dünner, die ihr bescheinigt für die „Zentralstelle für jüdische Auswanderung“ tätig zu sein (siehe Transkript unter dem Dokument).

Rechts neben dem Stempel der Zentralstelle befindet sich die handschriftliche Signatur von SS-Hauptsturmführer Ferdinand Hugo aus der Fünten.

Anmerkungen

Welche Tätigkeiten Selma Dünner für die Zentralstelle erledigt haben soll, geht aus dem Dokument nicht hervor. Es ist jedoch naheliegend, dass es sich hier um Zwangsdienste gehandelt hat, möglicherweise auch soziale bzw. karitative Tätigkeiten im Auftrag des Amsterdamer Judenrates, der gezwungen wurde mit der "Zentralstelle" zusammenzuarbeiten. Die Zentralstelle für jüdische Auswanderung war eine der wichtigsten Behörden bei der Organisation der Registrierung, Ausplünderung und Deportation der jüdischen Bevölkerung in den Niederlanden.

Ferdinand Hugo aus der Fünten:

Ferdinand aus der Fünten (1909 – 1989) war zunächst Mitarbeiter in dem von Adolf Eichmann geleiteten Judenreferat des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA). Nach der Besetzung der Niederlande durch Nazi-Deutschland wurde er Leiter der Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Amsterdam und war somit einer der Hauptakteure bei der Registrierung und Verhaftung der niederländischen Juden.

Aus der Fünten wurde 1950 zum Tode verurteilt, die Strafe wurde 1951 in lebenslängliche Haft umgewandelt. Gemeinsam mit Franz Fischer, Johann Kotalla und Willy Lages gehörte er zu den sogenannten Vier von Breda, einer Gruppe von deutschen NS-Verbrechern, die ihre lebenslange Haft im niederländischen Breda verbüßten. Am 27. Januar 1989 wurde er aus der Haft entlassen, nach Deutschland abgeschoben und starb nur wenige Wochen später in Duisburg. 

Mehr Information

Über die Verfolgungsgeschichte der Kölner Familie Dünner berichtet Margot Plesser (Tochter von Selma und Lasar Dünner) in einem Video-Interview das sich unter www.leftovers.eu anschauen lässt.

Bild

Transkript

Zentralstelle für jüdische Auswanderung Amsterdam

No. 1386

Amsterdam, den 6. Juli 1943
Adama van Scheltemaplein 1

AUSNAHMEBESCHEINIGUNG

die Jüdin Selma Duenner-Levy, geboren am 1-4-1883 in Hamburg, wohnhaft: Amsterdam, Str. den Texstraat 40, Persoonsbewijs (Personalausweis) Nr. A35/10240 ist im Auftrage der Zentralstelle für jüdische Auswanderung tätig. Bei Polizeiaktionen und sonstigen Erfassungen für den Arbeitseinsatz ist deshalb von einer Festnahme abzusehen.

I.A. 

SS-Hauptsturmführer (handschriftl. unterschrieben von Ferdinand Aus der Fünten)